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Mittwoch, 4. September 2013

Münsterlandtour, Teil 1

"Du musst noch die Route auf der Karte einzeichnen", mahnt Lil' Ben, obwohl er mich in knapp anderthalb Stunden zurück erwartet und insgeheim findet, dass es den Aufwand nicht lohnt.

"Ich wollte die Route eigentlich nicht einzeichnen, ich wollte nur die wichtigsten Wegpunkte in der Beschreibung pink einfärben", antworte ich, "und außerdem, ich habe ein TomTom und wenn ich Lisa Sprechverbot erteile, dann ist das auch wie nach Karte fahren."

"Aber guck mal", sagt Lil' Ben, "als wir in's Sauerland gefahren sind, da hat das doch auch mit Karte und ohne Navi geklappt, obwohl ich vorher noch nie eine in der Hand hatte und ich habe uns trotzdem gut nach Hause gebracht."

"Naja, du hast ja auch keine drei Semester Geographie studiert, deshalb bist du noch unbelastet", seufze ich und nehme die Wegbeschreibung, die der Drucker ausgespuckt hat, in die Hand ...

Uuupsi, Rückweg vergessen.

Ich lasse den Motor an und schwinge mich semi-elegant auf Nancy, denn jetzt beginnt meine Minitour in's Münsterland. Ich werde am Haddorfer See campen, am nächsten Tag nach Detmold fahren und dort in der Jugendherberge übernachten, denn auch das muss für meine große Tour, wohin auch immer die gehen wird, geübt werden. Am Freitag geht es wieder Richtung Heimat, wobei ich wahrscheinlich über Bochum fahren und dort eine Currywurst essen werde. Wir erinnern uns: Zu den 21 Dingen, die ein Nordrheinwestfale, ok ok, ich habe hessischem Migrationshintergrund, einmal gemacht haben muss, gehört u. a., in Bochum eben jene Wurst zu verspeisen ... und in Detmold das Hermannsdenkmal anzuschauen, was dann immerhin zwei auf einen Streich wären. Wir reden hier wohl nur und ausschließlich von "anschauen" und nicht davon, die Mörderstufen hinauf zu kraxeln ... und schon gleich gar nicht in Motorradstiefeln und kompletter Montur ... Außerdem kostet es unerhörte 3 Euronen Eintritt ... Halsabschneider, dieser Cherusker, und das Parken kostet extra.

Aber wie dem auch sei, die zweiten Hälfte der Woche soll es noch einmal richtig sommerlich warm werden und so starte ich vormittags gegen 10:00 Uhr, 11:00 Uhr ... 20 vor 12 bei ungefähren 24°C nach Nordosten, also gesetzt den Fall, dass ich die Karte richtig rum gehalten habe. Denn irgendwie finde ich es schon merkwürdig, dass eine Stadt namens Südlohn auf meiner Route liegt, wenn ich doch eigentlich nach Nordosten möchte. Vielleicht sollte ich die Karte doch lieber andersrum in das Kartenfach stecken ... Nur hätte ich das mal lieber nicht gedacht, oder mir wenigsten dreimal über die rechte Schulter gespuckt ...


Um es kurz zu machen, der Tag stand unter keinem guten Reise-Stern. Irgendwie passte nichts. Das Wasser in der Dusche wurde nicht richtig warm, ein Häkchen meines BH's war verbogen und bohrte sich unangenehm in meinen Rücken, in meiner rechten Socke war ein Steinchen und außerdem war mir so überhaupt nicht schlecht, wie das sonst immer der Fall ist, wenn ich das Kreisgebiet verlassen will ... Aber gut, da ahnte ich noch nichts vom weiteren Verlauf und fuhr wenig später voller Tatendrang und Reiselust mit leicht verspannter Schultermuskulatur, ich hatte beim Umbeladen von Nancy wohl eine falsche Bewegung gemacht, los.

Nach 5 Kilometern stellte ich fest, dass mein Helm kaputt ist. Das Visier ließ sich nicht mehr richtig schließen, weil an einem der Scharniere eine Nase abgebrochen war, was ich noch nicht bemerkt hatte. Gut, ich fahre zwar gerne offen, aber bei zweieinhalb Stunden reiner Fahrtzeit finde ich das dann auch nicht mehr so klasse. Nach einigen weiteren Kilometern fiel mir auf, dass ich sowohl Ersatz- als auch Hausschlüssel vergessen hatte und ohne wollte ich nicht weiterfahren, denn ich wusste ja nicht, ob jemand da ist, der mich rein lassen kann, wenn ich wieder heimkomme und vielleicht dringend zur Toilette muss und so drehte ich auf halber Strecke um.

Zu Hause angekommen war es aber schon so spät, dass ich nach einigen Zeitrechnungen beschloss, Nancy beladen und bepackt, wie sie war, in die Garage zu stellen und getreu dem Motto "Trail and trial and fun and error" auf eine neue Gelegenheit zu warten.

"Du kommst einfach nicht von zu Hause weg", sagt der Gatte, als ich ihn auf der Arbeit anrufe, um zu verkünden, dass ich zum Abendessen da sei und schiebt lachend "Ich brauche mir wenigstens keine Sorgen zu machen, dass du mir wegläufst." hinterher. "Pöööh, wenn ich weglaufen würde, bräuchte ich ja keinen Hausschlüssel ... wenigstens nicht von diesem Haus", gebe ich noch zu bedenken, bevor ich mich gierig über meinen Reiseproviant hermache. 

9 Kommentare:

  1. Funny, es geht doch nichts vor "My Home is my Castle".
    Du kannst in deinem weichen Bett schlafen, dich in der Badewanne aalen - und von der Tour träumen.
    Liebe Grüße schickt dir
    Irmi

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    1. Weiches Bett und warme Wanne klingt sehr gut :)

      Meine Güte, wie oft bin ich schon einfach zurück gefahren, vorzeitig nach Hause gekommen etc. Ich bin gespannt, wann ich in der Bretagne einfach umkehre ... also wenn ich überhaupt losfahre.

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  2. Wohlfühlen vor und auf der Tour ist wichtig, und die Montur muss funktionieren. Da muss auch der BH sitzen oder Du lässt ihn direkt weg ;-)

    Wie es ist, mit offenem Helm zu fahren, habe ich auf meiner Zweitagetour von Lev in den Schwarzwald erlebt, da mein Visier den Umzug nicht überstanden hatte. Die Quittung waren entzündete Augen, weil ja immer was Zug durch die Brille geht und einen Wespenstich am Kinn, welcher nicht statt gefunden hätte, wäre das blöde Kamikazevieh gegen das Visier geknallt.

    So, wie, wann und wohin geht's denn jetzt weiter?

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    1. Für heute hatte ich dann vor, einfach nach Eupen auf eine Ladung Pommes zu fahren. Ich hatte gestern Abend bei einem Biker-Kumpel angefragt, was es in Belgien zu beachten gibt: Sicherheitsweste mitführen, festes Schuhwerk, nicht in kurzen Hosen und T-Shirt fahren und jede Menge Blitzer.

      Heute Morgen erschien mir das aber dann doch recht schnellschüssig und gewollt, also bleibe ich zu Hause und mache mal einen Hausfrauentag, koche was leckeres, etc.

      Die Wettringen - Detmold - Bochum-Sache ist aber noch nicht vom Tisch.

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  3. Dann hast du die Wurst in Bochum also verschoben.....? Vielleicht willst du mal direkt in den Pott fahren und dabei nette Leute besuchen?
    Also dann auf zu neuen Ideen.

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    1. Wir können uns ja mal am Kaiserberg treffen ... aber warte nicht auf mich, denn spätestens wenn ich die Straßenbahnschienen erblicke, drehe ich vermutlich um ... *seufz* ...

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    2. Ja, alles klar, bloss an diesem Sonntag muss ich zum 75. Geburtstag meiner Tante..... ebenfalls " seufz"

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  4. Ja, wenn es doch auch zu Hause am schönsten ist?
    Zu meiner großen Motorradtour (immerhin schon 2005!, hast du gelesen?) hat der hiesige Mann mich damals echt fies aus dem Haus getrieben. Hat aber auch viel Spaß gemacht! Trau dich ruhig

    übrigens haben wir genau, weil ich IMMER lieber zu Hause bleibe, ein Wohnmobil, tse ...
    liebe Grüße - Anke

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  5. Gibs zu: Du wolltest nur sehr elegant deinen ganzen Reiseproviant verputzen. Aber dennoch, jede Reise beginnt mit dem ersten Kilometer und den hast du in Style zurückgelegt. Das mit dem Helm ist wirklich übel, denn ohne gut schließenden Helm kann man tatsächlich keine weitere Strecke zurücklegen.
    Wie das wohl weitergeht, ich bin so, so gespannt...

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