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Donnerstag, 28. September 2017

Rad 'n' Rail

"Süßer Jesus, ist mir schlecht." würde vermutlich Isaac of Waringham sagen - wobei ich schon wieder bei 'Yatta-Man' Hiro Nakamura bin, der, immer wenn er die Galerie des Künstlers Isaac Mendez betritt "Mista I_ßaaaaa_haaaak" ruft - und meine Großmutter hätte gesagt: "Grundgütiger, ist mir übel." Ich hingegen drücke mich da etwas anders aus, meine aber das Gleiche: "Shice, ist mir schlecht!" Ich werde heute Zug fahren. Also nicht nur Zug, sondern Zug mit Fahrradmitnahme und der entsprechende Platz ist reserviert. In der 'Nord-West-Bahn' muss man Fahrradmitnahme am Vortag anmelden, sonst kann es sein, dass man bei Überfüllung raus fliegt und auf den nächsten Zug warten muss, währenddessen natürlich das schweineteure Ticket abläuft. Monatskarte wird nachher wesentlich billiger, nur mal so am Rande bemerkt. 4er Ticket mit Fahrradmitnahme 33 nochwas, Monatskarte im Abo, gültig ab 9 Uhr - vorher ist die Bahn eh viel zu voll - 78 Euro. Benzin? Nunja, richtig teuer! 

Wie dem auch sei, es nützt ja nichts, denn bald werde ich mit dem Fahrrad berufspendeln müssen und da bietet es sich an, ein Stück mit der Bahn zu überbrücken. Ok, eine Strecke ist nur 25 Kilometer weit, aber danach folgt dann eben noch ein Arbeitstag und wieder zurück radeln.

Mit ziemlich starkem Magengrummeln mache ich mich auf den Weg nach Kempen zum Bahnhof, wo ich in den RE 10 nach Düsseldorf einsteigen möchte. Ich hatte bei der Reservierung alles erfragt und die Auskunft erhalten, dass ich egal in welchen Wagen einsteigen könne, es müsse nur eine Fahrrad-Symbol angebracht sein. Ok, war!

Ich steige also in den Zug ein und stelle fest, dass alle Fahrradplätze mit Fahrgästen besetzt sind und ein Fahrrad angeleint ist. Tja, was nun? Austeigen und ein neues Abteil suchen geht nicht, weil die Zeit nicht reicht und einfach durchschieben fällt auch flach, weil es zu eng ist. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als mich samt Fahrrad einfach in den Gang zu stellen und uns gut festzuhalten, vobei ich wenigstens eine Handbremse gezogen halte.

Zwei Stationen weiter steigt das angekettete Fahrrad aus und ich übernehme den Platz. Ok, habe ich das jetzt auch geübt. "Nächster Halt: Osterrath!" schallt es durch die Lautsprecher. Hier muss ich raus. Ich entfriemel mein Rad und stelle mich an die Tür ... um beim Aussteigen festzustellen, dass das verdammt hoch ist. Ich lasse Ellie einfach die Stufen runter rollen, in der Hoffnung, dass der Mittelmotor nicht aufsetzt, aber klappt. Neeee, von hier aus will ich auf gar keinen Fall zurück reisen, denn ich bekomme mein Bike vermutlich gar nicht erst in den Zug hinein. Aber gut, jetzt muss ich eh erst einmal weiter nach Kaarst, wo wir bald einen Laden eröffnen werden. Ok, ich kenne mich hier nicht aus und befrage mein Navi, welches die Adresse natürlich mal wieder nicht kennt, denn es ist mit Spontan-Eingaben völlig überfordert. Ich hatte mir das Teil ja u. a. dafür gekauft, dass ich, wenn ich mich verirrt habe, wieder nach Hause finde, aber das klappt nicht, ich muss immer schön vorher planen. Dumm ist daran natürlich, dass ich ja vorher gar nicht weiß, wo genau ich mich verfahren werde und Navi-Hilfe anfordern muss.

Wie dem auch sei, ich muss jetzt nach Kaarst und es gibt zwei Möglichkeiten, links oder rechts und ich entscheide mich offensichtlich für die richtige Variante, denn ich finde unseren Laden recht komplikationslos ...also nachdem ich einmal den Briefträger gefragt hatte und ein Mann, als ich ratlos an einer Abzweigung stand, von selber angehalten und gefragt hatte. ob er behilflich sein könne. Ja, konnte er, danke schön.


So, und nun muss ich zurück. Bahnfahrt von Osterrath aus habe ich abgehakt, auf jeden Fall für heute und so radele ich Richtung Heimat - nicht ohne vorher mein Navi zu programmieren. Hahaha! Wie gut, dass ich den Weg einigermaßen kenne. Und wie ich so vor mich hin fahre, überlege ich, ob ich nicht beim nächsten mal Sturmfalke nehmen sollte, weil mein Rennrad ja viel kleiner und leichter ist, als Ellie, das Riesenrad. Gut, nur kurz überlegt, denn ich gerate auf eine Rad- und Rückenbruch-Piste par exellance ... und das für mehrere Kilometer. Ufff! 

Plötzlich stehe ich an einem Bahnübergang mitten im Feld, sozusagen. Hier muss man per Telefon den Schrankenwärter benachrichtigen, dass er auf machen soll, aber er winkt erst einmal ab, denn gleicht kommt ein Zug. Ok, so gleich kam der dann auch wieder nicht, aber irgendwann war der Übergang frei und es konnte weiter gehen. Nach links: Grefrath, da will ich hin. Geradeaus: Süchteln, da will ich zwar nicht unbedingt hin, aber es geht an der Niers entlang und Niers ist gut, die fließt an Grefrath vorbei und führt mich unweigerlich nach Hause, sozusagen. Ok, das war ein Fehler. Der nächste unwegsame Fahrradweg - offizielle Fahrradweg! Hier gibt es nicht nur tiefe, vom Regen ausgewaschene Schlaglöcher und Geröll, sondern auch noch Kanaldeckel, die soweit aus dem Boden ragen, dass sie schon fast Stufen durchgehen könnten. Aber gut, nützt jetzt nichts, weiter geht es. Nach einer Weile ist dieses Stück gemeistert und ich biege in einen Weg ein, an dem links, rechts und in der Mitte das Gras recht hoch wächst und ich an eine Sushi-Straße für Zecken denken muss, die sich einfach bedienen können, während das Frisch-Futter vorbei radelt. Hier ist es fast so, wie die Spurplatten-Radwege am Nord-Ostseekanal. Genauso eng, genauso begrast, aber - und das zähle ich als Plus-Punkt - nur fast so rumpelig. Am NOK hatte ich ja immer Angst, dass ich mir die Handgelenke breche könnte, so wie das alle paar Zentimeter in den Lenker gerummst hatte.

Mittlerweile bin ich mit Zeug gepudert und da ich beim Fahrrad fahren immer so viel Zeit zum denken habe, überlege ich, wie sich wohl Averell Dalton gefühlt haben muss, als er geteert und gefedert durch Daisy Town - oder wo auch immer - marschiert ist ... und Hunger habe ich auch. Bald, bald bin ich da, tröste ich mich und ich schaffe es tatsächlich noch, bevor der Bio-Laden in Grefrath für heute schließt. Mittwochs haben die Geschäfte im Dorf nur bis mittags geöffnet. Aber ich komme noch rechtzeitig an, verputze einen halben Schoko-Riegel noch vor der Kasse und reklamiere beim Bezalhen, als Karsten sagt: " ... und die zwei Schoko-Riegel", dass es ja eigentlich nur anderthalb sind. Aber gut, gilt nicht.

Ob ich das noch einmal mache, weiß ich nicht. Fakt ist, dass ich bald Berufspendler sein werde und nicht jeden Tag für 50 Kilometer Benzin verschwenden will. Aber so im Nachhinein gesehen war es gar nicht so schlimm und wenn ich einen rennradkompatiblen Weg gefunden habe, dann denke ich, wird das schon anders aussehen.

10 Kommentare:

  1. Antworten
    1. Erstaunlicherweise mehr mit dem Fahrrad, als mit dem Motorrad.

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  2. Liebe Irina,
    na da hast du dir ja was vorgenommen :-)
    Passt dein Fahrrad (egal welches) ins Auto? Wenn ja, dann kannst du jeden Tag wechseln. Hin mit dem Auto (mit Rad drin), zurück mit dem Rad. Nächsten Morgen mit dem Rad hin und mit dem Auto zurück.
    Dann sparst du dir den Zug :-)
    Aber egal wie, du wirst das schon machen.
    Davon bin ich überzeugt
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Liebe Helge,
      nein, nur das RR würde in mein Auto passen, aber ist gar nicht nötig, denn ich kann natürlich morgens mit dem Gatten im Lieferwagen fahren und das Rad mitnehmen. So hatte ich mir das auch schon überlegt und die Lösung scheint mir ganz gut zu sein, bis auf die Tatsache, dass ich dann morgens nicht in's Bad komme :-D
      Viele Grüße,
      Irina

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  3. Liebe Irina,
    aus eigener langjähriger Bahnpendelerfahrung kann ich Dir sagen, dass manche Rad-Mitfahrer gnadenlos ihren Platz einfordern. Also Normalos wegscheuchen von den Klappsitzen, außer, die haben Gepäck, dann dürfen sie ja auch dort hocken.
    Aber sicherlich wirst Du für Dich eine gute Variante ob per Bahn oder per Rad finden. Der Weg auf dem Foto sieht doch jedenfalls sehr einladend aus. Und die hakeligen Stellen lernst Du sicher kennen.
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Liebe Elke,

      ja, dieser Weg ist etwas besser, als die andere Sushi-Straße und nur in Stellvertreterfunktion. Der andere Weg war enger und ich wollte nicht absteigen, weil ich nicht in Gras treten wollte (ich habe echt eine Zecken-Phobie) Es gibt einen anderen Weg, aber der führt an der Bundesstraße entlang und ich denke, dass ich den beim nächsten Mal ausprobieren werde.

      Das mit den Reisenden verscheuchen geht wohl gar nicht, denn die Bahn ist zur Beförderung von Menschen und nicht von Rädern, auch wenn sie sich das gut bezahlen lassen. Ich hatte später angerufen und nach dem üblichen Procedere in solch einem Fall gefragt und die haben gemeint, dass Menschen natürlich Vorrang haben. Was noch hätte sein können, wäre, dass das andere Rad keine Reservierung gehabt und dann den Platz hätte räumen müssen, bzw. aus der Bahn geworfen worden wäre, wenn ein Schaffner gekommen wäre. Aber gut, wer will das schon. Und dann war die Bahn ja auch gut voll, sodass die anderen Reisenden keinen Sitzplatz mehr gehabt hätten. Also keine Chance für Ellie und mich :-)

      Viele Grüße,
      Irina

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  4. Liebe Irina,
    puh, das klingt ja nach Abenteuerurlaub! Ich würde aber auch bei Zug+Rad bleiben. Wenn du erst mal eine fahrbare (Teil)strecke gefunden hast, kannst du ja variieren. Eine Strecke mit dem Zug, eine mit dem Rad oder halb/halb, teils/teils. Auf manchen Streckenabschnitten ist vielleicht das ein- und aussteigen angenhemer? Sowas findest du sicher in den nächsten Wochen heraus, wenn du verschiedene Varianten ausprobierst.
    Wäre "nur Zug" eine Möglichkeit oder ist das zu weit zum Geschäft?

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    1. Liebe Doris,

      Rad-Zug-Rad scheint mir die beste Alternative für den Hinweg zu sein. Es sind nur 3 Haltestellen und wenn ich eine früher, die angenehmer ist, aussteigen würde, kann ich gleich die ganze Strecke radeln. Leider. Der Rückweg ist das Ding, denn ich kann Ellie-Elektra nicht die drei Stufen in den Zug hinein befördern. Dafür bin ich zu klein und die Stufen zu hoch.
      Ich fahre 8 Kilometer zum Bahnhof, drei Stationen mit dem Zug und dann nochmal ca. 6 km mit dem Rad und brauche dafür ungefähr eine Stunde.
      Nur Zug dauert viel zu lange, fast 2 Stunden. Ich muss dann von Grefrath mit dem Bus nach Kempen, dann mit dem Zug nach Osterrath, dort umsteigen nach Neuss und von da aus mit der S-Bahn nach Kaarst, wo der Laden dann allerdings fußläufig zu erreichen wäre.
      Naja gut, wir werden das schon die geeignete Lösung finden.
      Viele Grüße,
      Irina

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  5. Mit dem Rennrad zur Arbeit (15km hin und 15 wieder zurück) hab ich diesen Sommer auch. So schön ! So schneidig. Gern auch mit Musik im Ohr - der Weg hat zum Glück wenig Autos.
    Falls du das auch bei Regen machen willst, denk an Steckschutzbleche odersowas.
    Ich bin mal vor etlichen Jahren 2 Monate nach Kiel reingependelt mit Rad in so einer typischen Regionalbahn (Triebwagen). War früh immer sauvoll. Da kam ich mir auch irgendwie doof vor, als ob ich 1-2 Leuten den Platz wegnehme, ging aber zunächst nicht anders. Als das dann nicht mehr sein musste, war ich irgnswie froh.
    Ideen:
    -Klapprad ? (es gibt sooo schicke (in MTB-Grösse !) mit viel Fahrcomfort, ein Klapprad geht vielleicht auch kostenlos mit - als Gepäckstück, das muss man vor Ort recherchieren.
    -MTB ? (mit dem richtigen Rad für den richtigen Weg macht es erst so richtig Spass ! Nachteil- Auf Asphalt langsam)
    ... merke: dein Fuhrpark ist IMMERnoch zu klein :-))

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    1. Lieber MIC, ... *grins* ... meine Rede, mein Fuhrpark ist immer noch zu klein und ich liebäugele mit einem 'Birdy Speed'. Aber ich glaube, dass ich die einzige in der Familie bin, die das versteht XD
      Aber ist es nicht herrlich, wenn man sich schon morgens den Wind um die Nase wehen lassen kann? Bei uns im Laden wird es Boni für radelnde Mitarbeiter geben, pro 1000 km gibt es einen Tag Sonderurlaub und da hättest du mit den 30 km am Tag jede Menge zusätzlichen Urlaub.
      Viele Grüße,
      Irina

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